Die Sonne scheint mir wärmend ins Gesicht, die Landschaft hügelig und wunderbar grün. Draußen hat es bloß 5 Grad um 9 Uhr morgens, doch wir sitzen im Inneren des wohlig warmen Buses. Gestern um 9 Uhr morgens sind wir aufgebrochen von unserer Heimat Punta Arenas, der südlichsten Stadt Chiles, auf in Richtung Norden. Unser erster Zwischenstopp heißt Chiloe, eine noch naturbelassene Insel ungefähr in der Mitte zwischen Punta Arenas und Santiago. Was mich dort erwartet weiß ich noch nicht so genau, doch ich bin schon sehr neugierig. Alejandro erzählt mir die tollsten Geschichten aus seiner Jugendzeit in Chiloe, von Abenteuern in den Wäldern, vom Füttern der Tiere auf den Farmen, von langen Spaziergängen in der Natur und von den vielen Freunden auf deren Wiedersehen er sich schon wahnsinnig freut. Ich lass mich treiben und werde einfach nur genießen. Wir fahren Richtung Sommer, schon jetzt auf halbem Weg ist die Temperatur um 5-8 Grad auf 20 Grad gestiegen, der patagonische Wind hat uns verlassen und uns erwarten herrlich warme Tage auf der Insel.
Halbzeit. Es ist 9 Uhr morgens des nächsten Tages und wir sitzen nun seit 24 Stunden im Bus. Es ist wie im Flieger auf einer Langstrecke, es wird eine Jause serviert, Kinofilme gezeigt und genauso ungemütlich um zu schlafen in der Nacht, auch wenn die Sitze ein wenig gemütlicher und größer sind hier. Der Vorteil des Buses ist, dass er zu mittags und abends an einem Restaurant hält und man sich bei der Gelegenheit ein wenig die Beine vertreten kann. Nichts desto trotz anstrengend.
Was ich in den letzten 24 Stunden gemacht habe....? Punta Arenas mit Trauer hinterher gewinkt, kilometerlange Pampas durch das Fenster an mir vorbeiziehen gesehen, mich gewundert über die Formalitäten beim Grenzübertritt nach Argentinien, zwei Kinofilme geschaut, einen Schal zu zwei Drittel fertig gehäkelt, einen wunderschönen Sonnenuntergang bewundert, knappe sieben Stunden geschlafen mit einem Aufwachrhythmus von etwa jeder Stunde, weil mir jeder Körperteil schmerzte, den sternenklaren Nachthimmel über der Pampas bestaunt, sogar bis zur Milchstraße, von den ersten Sonnenstrahlen des neuen Tages geweckt worden und festgestellt dass sich die Landschaft von der Pampas weg hin zu einer schönen grünen hügeligen Umgebung mit Bergen im Hintergrund geändert hat.

Uns fehlen noch etwa 8-10 Stunden Busfahrt ans Ziel, doch den mühsamsten Teil durch die ewig lange Pampas haben wir nun hinter uns. Nun erwartet uns die wunderbare Landschaft im Seengebiet rund um Bariloche, der Grenzübertritt zurück nach Chile und eine Fahrt mit der Fähre auf die Insel Chiloe.
Nachtrag: was mich danach wirklich noch erwartete: nicht 8-10 Stunden Busfahrt, nein, es waren noch 14 Stunden Reisezeit, eine Wartezeit von 2 Stunden am Grenzübertritt zu Chile, die wunderbare Seenlandschaft rund um Bariloche, mir endlos vorkommende Zwischenstopps in Osorno, Puerto Montt um Reisende zu- und aussteigen zu lassen und schließlich die Fahrt auf der Fähre zur Insel.
Endlich angekommen, erschöpft aber glücklich!