Am Sonntag
durfte ich wieder ein koestliches Gericht aus Chile zubereiten – Milcaos.
Mmmmh, die sind so lecker! Milcaos sind vor allem hier in Patagonien und auf
der Insel Chiloe weit verbreitet, weiter noerdlich sind sie vielleicht im
Supermarkt erhaeltlich aber niemand bereitet sie selbst zu. Hier in Patagonien
ist es ein Rezept aus Grossmutters Zeiten, so eine richtig tolle hausgemachte
Koestlichkeit. Und ich darf einer jener Grossmuetter bei der Zubereitung ueber
die Schulter schaun und fleissig helfen – wow!
Milcaos
werden in Chile hauptsaechlich zur Nachmittags-Jause zu Kaffe und Tee gegessen,
diese Jause nennt man hier „Once“. Um also so gegen 17 Uhr fertig zu sein,
starten wir um 14 Uhr mit den Vorbereitungen. Es steckt eine Menge Arbeit
hinter diesen kleinen Leckerbissen. Fuer etwa 20 Stueck Milcaos, das sind so
ca. 6-7 Portionen, wollen 5 kg rohe Kartoffeln geschaelt werden. Etwa die
Haelfte wird dann gekocht und durch die Kartoffelpresse gedrueckt, die rohen
allerdings muessen fein gerieben werden. Und da die Maschine dafuer leider
kaputt ist, bedeutet das muehsame Handarbeit fuer uns. Erst alles reiben und
anschliessend die gesamte Fluessigkeit durch ein Tuch ausdruecken um die
trockene Kartoffelmasse weiterverarbeiten zu koennen. Viel Arbeit, aber es
macht Spass – kochen wie zu Grossmutters Zeiten J Gefuellt werden die Milcaos
schliesslich mit Chicharonnes, das ist kleingeschnitter und zubereiteter
Schweinespeck. Noch 15 Minuten in den Ofen und fertig sind die goldgelben
Milcaos – mmmmh, wie die lecker duften, mir laeuft schon bei dem Gedanken daran
das Wasser im Mund zusammen!
Einen haben
wir gleich vom Backblech stibitzt... nur zum Kosten natuerlich ;-)
Die
restlichen Milcaos teilen wir dann zur Once mit dem Rest der Famile. Bei Kaffe
und Tee lassen wir sie uns so richtig schmecken!
Es war ein
wunderschoener Sonntag-Nachmittag, ich habe viele Geschichten gehoert, ein
leckeres Gericht gelernt und eine herrliche Zeit mit einer chilenischen Familie
verbracht. Dieser Tag erinnert mich sehr an meine eigene Urgrossmutter. Bis vor einigen Jahren gab es immer einmal im Monat ein Familien-Essen mit der ganzen Familie. Sie macht wohl den besten Apfelstrudel auf Erden – zumindest fuer mich ist es der Beste :-) Es gab stets diese leckere gebundene Gemuesesuppe als Vorspeise und dann die koestlichen Strudel, je nach Saison Apfel-, Topfen-, Berren, Rhabarbarstrudel oder was es grad an Obst gab. Ich vermisse diese Familientreffen. Aufgrund des Alters kann meine Uroma leider keine Strudel mehr backen und ich finde es richtig schade dass sich keine neue Tradition fuer Familientreffen ergeben hat.
In der heutigen Zeit duerfte es schwierig sein, da alles sehr kurzlebig ist. Ueberall hoert man „Ich hab doch keine Zeit, ich muss hierhin und dorthin, habe soviel zu erledigen“, jeder ist stets gestresst. Schade, denn ich denke das Wichtigste im Leben ist die Familie und dafuer sollte man immer Zeit haben. Ich habe mich im letzten Jahr bewusst aus diesem stressigen Alltags-Trott ausgeklingt und darueber nachgedacht wo denn in meinem Leben die Prioritaeten liegen. Ist es die Arbeit, Geld, Reichtum, Luxus, Freizeit, Sport, Familie, Kinder,...? Was macht mich gluecklich? Noch habe ich keine endgueltige Antwort gefunden, vielleicht gibt es die auch nicht, denn das Leben veraendert sich staendig und somit auch die Dinge welche einen gluecklich machen. Doch was ich herausgefunden habe ist, dass es wichtig ist sich Zeit zu nehmen. Zeit fuer sich selbst, Zeit fuer die Dinge die man gerne machen wuerde. Wir lassen uns unseren Alltag nur zu gern von unserem Umfeld, wie Arbeit, Gesellschaftsformen, Freunden und vielem mehr, formen. Und alles muss heutzutage schnell gehen, denn wir haben doch keine Zeit. Falsch. Wir haben jeden Tag 24 Stunden Zeit. Das ist viel Zeit – viel Zeit, unser Leben so zu gestalten wie wir es wollen. Nach unseren eigenen Wuenschen, nach unseren eigenen Beduerfnissen. Sicherlich muss man immer wieder Kompromisse eingehen, doch wenn ich das Gefuehl habe, meinen Tag nach meinen (!) Vorstellungen zu gestalten, dann bin ich auch gluecklich, denn dann mache ich grossteils die Dinge, die fuer mich (!) wichtig sind.
Vor laengerer Zeit habe ich versucht, eine neue Tradition zu starten. Mein Wunsch war diese monatliche Tradition bei meiner Oma mit anderen hausgemachten Gerichten fortzusetzen. In keinerem Rahmen, nur meine Oma, meine Mama und ich. Meine Oma ist eine tolle Koechin, vor allem liebe ich ihre suessen Speisen. Sie jammert zwar stets, sie hat das Kochen verlernt, aber fuer mich schmeckt es jedesmal traumhaft!
Naja, ihr koennt euch vorstellen was passiert ist – nach zwei oder drei Monaten hat sich diese neue Tradition aufgehoert da staendig andere Dinge dazwischen gekommen sind – oder meiner heutigen Meinung nach: wir haben es zugelassen dass unser Umfeld uns diese Zeit stielt. Seitdem versuche ich immer wieder spontan vorbei zu schauen. Doch das ist gar nicht so einfach, denn selbst meine Oma ist in letzter Zeit vom Stress des Umfelds erfasst worden. Ich hoffe, sie vergisst nicht, sich ab und zu auch Zeit fuer sich selbst zu nehmen um ihre eigenen Wuensche zu erfuellen.
Was ich allerdings gelernt habe ist, wie man den koestlichen Apfelstrudel meiner Uroma zubereitet und irgendwann, wenn die Zeit dazu gekommen ist, moechte ich diese Tradition in meinem eigenen Haus fortsetzen...